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Transcription

„erinnernden“, phantasierenden, bildvorstellenden und sonstigen Bewusstseins, auf die wir abzielen, so nehmen wir als Ausgangspunkt nur dies, was uns bei Ausschaltung dieses mysteriösen Titels „Phänomenologie“ als natürliche Menschen, als Mitglieder unserer Sprachgemeinschaft dabei verständlich ist und was wir uns jeweils an Beispielen klarmachen. [1] „Ich nehme wahr“, z.B. das Haus gegenüber, die Bänke und Menschen in diesem Raum usw., das versteht jeder. Ich nehme wahr, d.i., ich sehe es, ich betaste es, ich höre es usw. Als „Gebildete“ wissen wir, dass sich mit dergleichen „psychischen“, „geistigen“ Erlebnissen Wissenschaften, genannt Psychologie, Physiologie und Psychophysik, beschäftigen. Aber in diese Wissenschaftsgebiete wollen wir in keiner Weise uns hineinbegeben; unsere Forschungen sollen weder naturwissenschaftlich noch psychologisch sein. Es handelt sich uns nicht darum, Erfahrungen zu vollziehen, weder äußere noch innere. Also auch nicht darum, Beobachtungen und Experimente zu vollziehen, weder an uns noch an anderen Versuchspersonen. Durch Beobachtung – das Wort so verstanden, wie es jede naturwissenschaftliche Beobachtung illustriert – werden reale Tatsachen festgestellt. Wir werden keine einzige reale Tatsache feststellen. Wie innerhalb der Erfahrungswirklichkeit, der durch Erfahrung fassbaren Realitäten, die willkürliche Abänderung realer Umstände reale Folgen nach sich zieht, erforscht man im Experiment. Wir aber haben hier nicht das geringste Interesse an der seienden Realität und ihren Zusammenhängen, nämlich nichts von ihr wollen wir erforschen. Wir wollen also nicht erfahren, und wenn wir erfahren, wollen wir nicht durch Erfahrung Erkenntnis gewinnen. Also das sagt z.B., dass, wenn wir uns in sogenannter phänomenologischer Absicht mit Wahrnehmungen, Erinnerungen, Erwartungen, Phantasien, Glaubenserlebnissen usw. beschäftigen, uns all diese Erlebnisse nicht als reale Fakta und in keiner erfahrungstheoretischen Weise beschäftigen werden.


[1] Randbemerkung Schief dadurch, dass Ausschaltung von Realität nur verstanden wird als Ausschaltung der empirischen (erfahrenen). Später aber tritt es hervor, dass auch Idee der Realität nicht infrage kommen soll.

Transcriber

Thomas Vongehr