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F I 4/16a "10"
Transcription
Wenn wir in einer Abhandlung lesen, die Anzahlenreihe ist eine Reihe von Begriffen, so sind offenbar die Anzahlen selbst, die Ideen, als Begriffe bezeichnet. Wenn man aber kurz darauf in psychologistischer Manier dazu überspringt, Begriffe als psychische Gebilde zu charakterisieren, somit als Realitäten, so zeigt sich darin eben wieder die Verfälschung. Und diese Verfälschung beherrscht eben die psychologistische Literatur. Wer hätte es bis vor kurzem wagen dürfen, den begrifflichen Vorstellungen als psychischen Gebilden logische Begriffe gegenüberzustellen, die nichts von Realität haben, die vielmehr ideale Wesen sind, ohne dass er dem Vorwurf „platonischer Hypostasierung“ unterlegen wäre. Also mit gutem Grund gebrauchen wir nicht das Wort Begriff, sondern mit Platon das Wort Idee. Und wir tun es nicht, weil es die Ansicht noch durchzusetzen gilt, dass unter dem Titel Begriff eben Psychologisches und Ideales (und dabei Ideales in verschiedener Hinsicht) durcheinander gemengt wird und dabei das Ideale als solches, als eigenes und in seiner Eigenartung schlechthin ideales Sein, gar nicht [ge]sehen, daher nicht unterschieden, vielmehr schlechthin weggeleugnet wird.
Gestrichen: Und mit dem Idealen als Gegenstand verkennt man auch die idealen Sachverhalte als Korrelate des idealen Denkens, die Bestandstücke der idealen Sachverhalte, so die in rein unbestimmter Allgemeinheit gedachten unbestimmten Einzelheiten und unbestimmten Allgemeinheiten, also Bildungen wie „ein Rot überhaupt“ als ein einzelnes Rot überhaupt und als das ein Rot überhaupt, wie es im reinen universellen Urteil und gleichwertig mit „jedes Rot“ auftritt, z.B. in dem rein universellen Urteil „Rot überhaupt, Rot als solches ist eine Farbe“. Man verkennt völlig den kardinalen Unterschied zwischen reinem Denken, dessen Korrelate reines Urteil und reiner Sachverhalt sind, und empirischem Denken, dessen Korrelate empirisches Urteil und empirische Sachverhalte sind: ob die Ausdrucksweisen auch ganz identisch lauten. Ende der gestrichenen Stelle
Transcriber
Thomas Vongehr