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B II 19/15a "46" "15"

Transcription

Die Wissenschaft vom individuellen Geist ist eo ipso Wissenschaft wie von allen Geistesvermögen, von allen Sorten von Dispositionen, Persönlichkeitsmomenten, auch Persönlichkeitstypen, so auch von allen Geisteszuständen, geistigen Verhaltungsweisen, also auch von allen Sorten von intentionalen Erlebnissen. [1] Kann es eine andere Forschungsweise geben? Überlegen wir. Erlebnis ist in der Psychologie Erlebnis eines erlebenden Geistes und, vermöge der Gebundenheit des Geistes an einen Leib, Erlebnis von Menschen oder von Tieren dieser oder jener Tierarten. Haben aber nicht Erlebnisse in sich ein eigenes Wesen, mit dem sie direkt, als was sie eben selbst sind, erfasst werden können, ganz unabhängig davon, ob wir sie als Erlebnisse von erlebenden Geistern ansehen oder nicht? Haben wir nicht schon in der Beschreibung des Wesensbegriffes „Bewusstsein“ oder „intentionales Erlebnis“ auf dieses Eigenwesen in sich rekurriert und einen allgemeinsten Charakterzug darin bezeichnet?


[1] Randbemerkung: Das ist immer noch psychologische bzw. substanziale Untersuchung. Wir fragen also noch einmal: Kann es eine andere Erforschungsweise von Erlebnissen geben? – Selbstverständlich können wir, statt empirische Psychologie zu betreiben, in die eidetische Einstellung übergehen, also rationale Psychologie, Psycho-Eidetik betreiben: Nun, dann erforschen wir die Wesensartungen von Geistern, von geistigen Eigenschaften, geistigen Erlebnissen, also auch von intentionalen Erlebnissen als Erlebnissen von Geistern. Aber das meinen wir nicht.

Transcriber

Thomas Vongehr