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B II 19/50b "74" "50"

Transcription

ein Gegenständliches als gefällig da, in der Freude als erfreulich u. dgl. Das sind Wertcharaktere, die man zunächst mit den Charakteren wirklich, möglich, zweifelhaft und ähnlichen auf eine Stufe stellen möchte. Aber das wertende Bewusstsein, in dem Wertcharaktere als Korrelate liegen, kann den Modus der Gewissheit haben, und dann steht das Gefällige als wirklich gefällig da, oder es kann andere Modi annehmen; es fehlt die Sicherheit, die Sache mutet sich nur als gefällig an, als schön, gut oder dergleichen. Wir geraten dabei vielleicht in Zweifel, ob wir die Sache wirklich als schön gelten lassen sollen, bzw. ob sie uns „wirklich“ gefällt oder nicht; und eventuell schlägt das Bewusstsein um, und dabei erfährt das „gefällig“ eine Durchstreichung, es ist „nicht“ gefällig usw. Das alles sind eben die großen Themen der Studien.

Es ist die Art der Phänomenologie wie jeder sich begründenden eidetischen Wissenschaft, was in unmittelbarer Wesensintuition zu fassen ist, so eben zu fassen und auf exakte Begriffe zu bringen; insbesondere kommt es darauf an, streng alle Vorurteile auszuschalten und streng phänomenologische Reduktion zu üben, innerhalb ihrer dann das Gegebene absolut treu zu nehmen, wie es sich gibt. Das sind ja triviale Regeln, und doch sagen sie sehr viel gegenüber der allgemeinen Blindheit für das phänomenologisch Gegebene und gegenüber dem Sensualismus, in dem wir alle erzogen sind und der uns, noch nachdem wir seine groben Formen überwunden haben, behelligt. Hat man schon den Weg zum phänomenologischen Gebiet gefunden, hat man schon die Grundtatsache des Bewusstseins, die Intentionalität, erfasst und die sensualistische Neigung, das Bewusstsein für eine tabula rasa zu halten, auf welcher allerlei sinnliche Zeichen sich einschreiben, erstickt, so bleibt doch noch ein Rest von Verdinglichung der Phänomene übrig: Man sieht nur oder will nur anerkennen reelle Teile und Seiten der Phänomene, man unterschlägt die Korrelate und deutet sie in reelle Eigentümlichkeiten um.

Transcriber

Thomas Vongehr