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B II 19/53a "77" "53"
Transcription
In den bloßen primären Inhalten liegt noch gar nichts von einem „von“, von einem Sich-beziehen-auf. Das kommt erst durch das, was wir [als] Auffassung, Glaubenssetzung, Aufmerken u. dgl. bezeichnen. Und das ist etwas grundwesentlich anders Geartetes. Andererseits hat es in sich wieder seine großen, ja kardinalen Verschiedenheiten, und was da zusammengefasst ist, ordnet sich nicht etwa so nebeneinander wie Farbe und Ton. Zum Beispiel das reelle Moment in cogit[ationes] , das wir Aufmerksamkeit nennen, oder, allgemeiner, was wir Modi der Zuwendung nennen, enthält in sich das intentionale Sich-beziehen-auf. Primär Bemerken ist Bemerken von etwas ebenso wie sekundär Bemerken. Aber etwas total anderes ist das Moment der Seinssetzung, [das] Moment der Setzung in Form von Gewissheit, in Form von bloßer Anmutung, in Form von bevorzugender Vermutung oder von Zweifel u. dgl. Und wieder etwas anderes ist das Moment der Auffassung, das im Wechsel solcher Charaktere ein identisches Wesen behält. Zum Beispiel eine Dingerscheinung bleibt dieselbe, während ich übergehe von gläubigem Hinnehmen des dinglichen Daseins zum Zweifel oder zum Vermuten u. dgl., und wieder, wenn ich die Aufmerksamkeit (ohne dass die Erscheinung sich [zu] ändern bräuchte) verschieden einstelle auf verschiedene Seiten des Erscheinenden. Ähnlich in der Gemütssphäre: In der Freude leben und freudig zugewendet sein oder sich freuen, aber nicht im sich freuen zugewendet sein, das sind Unterschiede. Die Zuwendungsmodi sind eigene Modi, und ihnen gegenüber haben wir sozusagen die Freudensetzung, die auch neben sich haben kann Freudenanmutung, Zweifel usw. Natürlich soll nicht gesagt sein, dass es sich mit dem einen und anderen um getrennte oder trennbare Stücke der Phansis und speziell der Bewusstseinsseite der Phansis, der Aktseite handele. Es sollte nur gesagt sein, dass wir in ihr sehr verschiedene Richtungen möglicher Modifikation, verschiedene, eventuell nur abstrakt unterscheidbare Momente finden. Und all diese Momente gehören doch wieder zusammen, in allen finden wir das Eigentümliche des Bewusstseins „von“, das wir andererseits in den primären Inhalten nicht finden, während sie doch in der konkreten Einheit etwa eines Wahrnehmungsphänomens mit darin sind, eigentümlich umflossen vom Aktcharakter, mit ihm eins und gerade in dieser Einheit das konkrete Wahrnehmungsbewusstsein ausmachend.
Transcriber
Thomas Vongehr