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F IV 3/10b "88"

Transcription

Auch wo niedere Konkretionen nur fließend-typisch unterscheidbar sind, finden wir doch überall in höherer Allgemeinheit feste, obschon nicht mathematische Unterschiede, Begriffe, die nicht durch fließende Übergänge zu vermitteln sind. So ist Wahrnehmung überhaupt, und spezieller auch Wahrnehmung von Physischem, etwas absolut Festes und in seiner Allgemeinheit zu Beschreibendes. Wahrnehmung und Aussagen oder Wahrnehmen und Wollen, Wollen und Sich-Freuen u. dgl., das sind phänomenologische Klassenunterschiede, die so fest und absolut gesondert sind wie die imaginativen Unterschiede von Farbe und Ton in der Sphäre der äußeren Erfahrung.

Eben das macht in jeder Sphäre imaginativer Ideen, auch in der der äußeren Erfahrung, wertvolle allgemeine Unterscheidungen, Klassifikationen, Deskriptionen möglich und gibt dem Ziel einer systematischen Eidetik einen Sinn in diesen Sphären, da wir eigentlich nur im Fluss stehen bei den niederen Konkretionen und konkreten Allgemeinheiten, nicht aber, wenn wir in die höheren Allgemeinheiten eintreten. Eine Klassifikation und Beschreibung aller erdenklichen imaginativen Typen kann im Gebiet der äußeren Erfahrung, wie wir schon letzthin sagten, nicht zum Ziel gestellt werden. Wenigstens sehe ich nicht, dass man darangehen könnte, schon für das Gebiet der sinnlichen Raumgestalten alle möglichen Typen von Gestalten zu fixieren. Sie haben immer selbst und notwendig etwas Fließendes, sind durch Übergangsgestalten vermittelt, die man selbst wieder typisch fassen kann; ebenso wenn wir alle Tongestaltungen, die doch fließend ineinander übergehen, fassen wollten usw. Andererseits haben wir Begriffe, die durch Abgründe getrennt sind, wenn wir zu entsprechender Allgemeinheit übergehen, wie z.B. Räumliches überhaupt, Akustisches, Optisches, Taktiles überhaupt u. dgl. Ferner wird man wohl in jedem Gebiete typische Haupt- und Normalunterschiede fixieren können und so in einer gewissen Höhe der Allgemeinheit bleibende wertvolle Deskription leisten können. Gestrichen: Da die Idee einer universellen apriorischen Typik der erscheinenden Raumgestaltungen und so des Erscheinenden der äußeren imaginatio bisher nicht erwogen ist und ich selbst nur einzelne Linien verfolgt [habe] im Zusammenhang der Konstitution der Gegebenheiten äußerer imaginatio, aber nicht die allgemeine Idee näher durchgeführt habe, kann ich Ihnen weiter hier nichts sagen. Ende der gestrichenen Stelle Erst recht ist es aber so in der Sphäre des Psychischen, und ganz besonders, wenn wir phänomenologische Reduktion üben in der Sphäre der Bewusstseinsgestaltungen.

Transcriber

Thomas Vongehr